1. Vorbemerkung
Im Sommer 1935 entsteht in Wien die österreichisch-italienische Koproduktion Tagebuch der Geliebten. Der Film wird von der Panta- und der römische Astra Film produziert, Regie führt Hermann Kosterlitz, und die Hauptrolle wird mit einem Star des deutschsprachigen Theaters, Lili Darvas, besetzt. Tagebuch der Geliebten wird in der Presse als ein erstes Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen Wien und Rom gepriesen, die man eben bemüht ist aufzubauen: „Die österreichisch-italienische Gemeinschaftsproduktion“, meldet die Internationale Filmschau, hat „ihre Arbeit mit dem Film Tagebuch einer Geliebten begonnen“.1
Der Film mag sich als geeigneter Ausgangspunkt anbieten für eine Untersuchung der vielseitigen Zusammenarbeit, die sich in den 1930er Jahren zwischen Wien und dem südländischen Nachbarn entwickelt.2 Dabei sollen neben den eigentlichen Gemeinschaftsproduktionen Tagebuch der Geliebten und Die weiße Frau des Maharadscha, auch der erste Film, Casta Diva, in Betracht gezogen werden, der unter dem Zeichen einer österreichisch-italienischen Kooperation entsteht, und die späteren Streifen, die in Wien von Italienern inszeniert werden, wie auch die verschiedenen Projekte, die zwischen Wien und Rom angebahnt werden, und die, kommen sie auch nicht zustande, doch von der Intensität und dem Umfang der österreichisch-italienischen Zusammenarbeit in den 1930er Jahren zeugen; wobei das Casta Diva-Projekt, das Ende 1934 in Angriff genommen wird, und der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich den chronologischen Rahmen darstellen, in dem sich die Untersuchung bewegt. Es handelt sich um ein großenteils unerforschtes Kapitel, und der vorliegende Beitrag versteht sich als ein erster Versuch, der facettenreichen Beziehung zwischen Wien und Rom im Bereich Films nachzuspüren.